Teil 2: Hamburg - Totentanz im Schanzenviertel

Was haben mexikanische Tote mit einem alten Milchgeschäft gemeinsam? Wo können Allergiker auch nachmittags ohne Bedenken ihrem Kuchen- und Eisgenuss nachgehen? Was sind Calveras de Dulce und seit wann kann man in Apotheken Essen gehen? Antworten findest Du hier: Im trendigen Schanzenviertel von Hamburg. Kommst Du mit auf einen Spaziergang?

Nach dem leckerem Mittagessen in Tim Mälzer´s Deli (siehe Teil 1 - Hamburg) haben wir uns aufgemacht zu einem Streifzug durchs Hamburger Schanzenviertel.

War es früher noch Arbeiter- und Fabrikviertel (Mont-Blanc Füllfederhalter, Klaviere, Fleischproduktion), ist das Schanzenviertel heute eines DER Szeneviertel von Hamburg. Es befindet sich im Stadteil Sternschanze am Rande des Sternschanzenparkes. In den Hauptgeschäftsstraßen Schulterblatt und Schanzenstraße findet man kleine schicke Boutiquen, interessante Cafes und urige Restaurants. Es ist etwas fernab der touristischen Reeperbahn und mit etwas Glück trifft man auf aufgeschlossene und nette Einheimische, plaudert ein wenig mit ihnen und kann so noch etwas vom alten Hamburger Flair erleben. 

 

Das Schanzenviertel ist stark gemischt: Wirken so manche Häuser schon fast herunter gekommen, so gibt es doch auch ganze Häuserreihen und Straßen, welche von Investoren aufgekauft und modernisiert wurden bzw. noch werden; die alte Pianofarbrikhalle und die Rindermarkthalle z.B. um nur zwei zu nennen.

Junior und ich sind einfach mal ohne Ziel von der Bullerei aus kommend querfeldein ins Schanzenviertel gelaufen, kamen vorbei an Oma´s Apotheke (günstig Frühstück, Mittag- und Abendessen); an kleinen Boutiquen und Kneipen, schossen witzige Fotos von bunten Häusern, skurillen Dingen und alberten herum.

Immer der Nase nach und soweit uns die Füße tragen. Das war unser Plan. Doch dann, ja dann... blieben wir plötzlich stehen und drückten uns die Nase an einem ganz besonderen Schaufenster platt! Am Schaufenster des Cafe´s

 

Herr Max:

Wow - was für eine Schautorte! Cafe Herr Max im Schulterblatt in Hamburg
Wow - was für eine Schautorte! Cafe Herr Max im Schulterblatt in Hamburg

Was für Wahnsinns-Kuchen! Der Laden MUSS interessant sein dachten wir uns und - schwups, waren wir drinnen und staunten uns die Augen groß!

 

Alles war bunt geschmückt, an den Wänden hingen Porzellanteller und Auflaufformen mit Skelettfiguren, zwei rießige Skelette prangten an der Wand, farbige Girlanden waren durch den großen Raum verteilt. Die Kuchentheke verlockte mit allerlei Köstlichkeiten, darunter auch glutenfreie und vegane Kuchen! Als würde das nicht genügen gab es auch noch buntes Gebäck in Form von Totenköpfen und farbenfrohen Keksen. Ich war schon fast betrübt, dass ich eben noch so gut gegessen hatte. In meinen Magen wollte so gar nichts mehr reinpassen. Eine heiße Schokolade und eine kurze Verweilpause wollten wir uns hier aber dennoch gönnen!

 

Wir bestellten an der Theke, zahlten 8 EUR für zweimal laktosefreie, heiße Schokolade (hier musste ich beim Preis etwas schlucken) und ergatterten zwei Plätze auf der Couch:

 

Junior packte sein Taschenbuch aus und versank ganz in der Welt von Donald Duck und Co., während ich meine Blicke weiter über die tolle Vintage-Einrichtung wandern ließ. Nicht nur die Stühle, Tische und Schränke schienen aus einer anderen Zeit zu sein, auch die zum Teil mit Schleifen verzierten Kacheln an den Wänden waren mit vielen Abplatzungen versehen und ließen eher auf eine weit vergangene Zeit schließen.

 

(Wie ich gerade herausgefunden habe, gab es hier im Jahr 1905 ein Milchgeschäft und aus dieser Zeit stammen diese alten Kacheln noch! Wie passend für ein Cafe und wie toll, dass diese Original-Wandgestaltung bis zum heutigen Tage erhalten blieb, oder?)

Nach ein paar Warteminuten wurde unsere heiße Schokolade an den Platz gebracht. Jetzt war ich schon beim Anblick sicher, dass sich die je 4 EUR (3,50 EUR wenn nicht laktosefrei) für die Schokolade gelohnt haben und nach dem ersten Probeschluck überzeugt, dass der Preis gerechtfertigt war! Erstens gab es hier ein mindestens 0,4 l Glas Kakaodrink (wenn es nicht sogar 0,5 l waren), zweitens war dieser Drink versehen mit himmlichen Schokoladenschaum und drittens hatte er noch einen kleinen aber feinen, sehr leckeren Würzgeschmack; ich vermute Zimt oder Kardamon.

 

Im Reiseführer wollte ich nachschauen, in welcher Straße wir uns gerade befinden, konnte auf dem Stadtplan aber nichts finden. Ich fragte kurzerhand unsere Tischnachbarin und wir kamen direkt ins Plaudern. Sie war sehr nett und aufgeschlossen.

Zusammen wuselten wir uns durch die Stadtkarte und sie gab mir Tipps über das Schanzenviertel, erzählte mir, was es mit der Roten Flora (Haus mit langer Besetzungsgeschichte) auf sich hat und dass man in der Marktstraße im Karolinenviertel (angrenzend an das Schanzenviertel) besonders gut shoppen kann. Hier würde man viele kleine Boutiquen und tolle Läden finden und es wäre genau das richtige, wenn man mal etwas besonderes und außergewöhnliches kaufen möchte.

Man merkte ihr sofort die Liebe zu Hamburg an und ich bekam Lust noch mehr vom Schanzen- und dem umliegenden Karolinenviertel zu erkunden. 

 

Junior und ich packten also unsere sieben Sachen und wollten los, doch vorher wollte ich unbedingt noch wissen, was es mit dieser bunten und skurillen Dekoration im Laden auf sich hat.

Ich fragte eine der Damen am Tresen und sie nahm sich, trotz des regen Betriebes, mit einem Lächeln Zeit für mich und fing an zu erzählen:

Die Betreiber des Ladens, Herr Max und seine Frau Julia, seien große Fans von Mexiko und die Dekoration habe nichts mit Halloween (wie ich vermutet hatte) sondern mit dem mexikanischen Tag der Toten, dem Día de Muertos zu tun.

 

Der Día de Muertos sei einer der wichtigsten Feiertage in Mexiko und wird jährlich am 02. November gefeiert. Dem mexikanischen Volksglauben nach, kehren die Seelen der Verstorbenen aus dem Jenseits zurück, um ihre Familien zu besuchen.

Die Vorbereitungen zu diesem Wiedersehen beginnen jeweils am 31. Oktober und dauern bis zum 02. November an. Bunt geschmückte Häuser und Straßen, Blumen und viele Lichter weisen den Verstorbenen den Weg nach Hause. Bevorzugt kommen hier die Farben gelb und organge zum Einsatz, denn diese würden die Geister besonders gut erkennen.

Konditoreien backen Gebäck in Form von Totenschädeln (Calaveras de Dulce) aus Schokolade, Marzipan oder Zucker, welche auf der Stirn die Namen der Verstorbenen tragen. Mit diesem Gebäck sollen sich die Geister von ihrer langen Reise stärken. Auch das sogenannte Totenbrot sei Tradition.

 

Am 02. November dann, dem Día de Muertos, gibt es in den Abendstunden eine große Feier auf dem Friedhof. Laute Musik, Essen und Tanz zu Ehren der Toten. Die Feierlichkeiten enden pünktlich zur Geisterstunde um 00.00 Uhr und die Verstorbenen machen sich wieder auf den Weg zurück ins Jenseits. Bis zum nächsten Jahr am Día de Muertos.

 

Wow - eine tolle Tradition und ein schöner Umgang mit dem Tod. Findest Du nicht auch? Kanntest Du diese Tradition bereits?

 

Mein Bericht hat Dich neugierig gemacht auf Herrn Max und sein gleichnamiges Cafe?

Dann schau doch mal in seinem Laden

 

Herr Max

Schulterblatt 12
20357 Hamburg
Telefon:040  69 21 99 51
Mail: hallo@herrmax.de

 

oder auf seiner Homepage vorbei (www.herrmax.de)!  Hier findest Du weitere tolle Informationen, die Möglichkeit an einem Patisseriekurs teilzunehmen und vieles mehr.

 

Ach übrigens: Herr Max und seine Frau - die machen auch leckeres Eis! Sogar laktosefrei!

 

Du warst schon mal bei Herrn Max? Dann berichte mir doch mal über die Kommentarfunktion, wie Du es dort gefunden hast und was Dir dort besonders gut gefallen hat.

 

Ich freu mich auf Dich!

 

Melanie 

 

P.S.: Ich danke Herrn Max für die Zustimmung zur Veröffentlichung aller Bilder und für das Interesse am Artikel. :-) So macht Zusammenarbeit Spass.

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Kommentare: 4
  • #1

    Dagmar (Donnerstag, 25 Januar 2018 22:14)

    Ich war zwar schon einige Male in Hamburg, aber das Schanzenviertel kenne ich noch nicht.
    Von dem Totenfest in Mexiko hab ich kürzlich schon mal was gelesen, ein interessanter Brauch.

  • #2

    DieReiseEule (Freitag, 26 Januar 2018 07:47)

    Danke für den spannenden, morbiden Einblick.
    Solche Infos findet man wirklich immer nur auf Blogs und deshalb liebe ich es zu stöbern.

    Es grüßt
    DieReiseEule

  • #3

    Andreas (Samstag, 27 Januar 2018 01:54)

    Ist ja lustig, ich war jetzt knapp 30 Jahre nicht mehr in Hamburg, so lange ist es her seit ich dort in der Nähe beim Bund stationiert gewesen bin und quasi jeden Tag nach Hamburg rein gefahren bin. Herr Max ist irgendwie an mir vorbei gegangen damals, damals gab es halt noch kein Internet wo man sich solche Infos zusammensuchen konnte. Danke für's zeigen, das sieht recht vielversprechend aus :-)

  • #4

    Eva (Montag, 29 Januar 2018 13:51)

    Das klingt ja nach einem tollen Tag. Ich liebe es, wenn man so mehr oder weniger ungeplant solche Juwelen entdeckt. Wenn ich das nächste Mal in Hamburg bin, werde ich dort auch mal vorbei schauen. Vielen Dank für die Empfehlung